Lars genießt sein Leben. Das wird schnell klar, wenn man mit ihm spricht. Er kann sich begeistern: Für Schallplatten, für gutes Essen und den besten Espresso, den er finden kann. Beinahe wäre er auch Koch geworden. Um zu erkennen, dass er ein kreativer Mensch ist, muss man seine Fotos noch nicht gesehen haben. Lars wurde in der Niederlausitz, genauer in Guben geboren und stammt aus einer Handwerkerfamilie. Echte Arbeit ist ihm wichtig. „Mein Vater war Maurer und mein Bruder hat Bäcker gelernt. Wir arbeiten alle gerne mit den Händen“ ergänzt er sofort, auf seine kreative Ader angesprochen. „Fotografie ist viel Handwerk und ein bisschen Kreativität.“
Er lebt schon so lange in Schwaben, dass er inzwischen ganz unironisch das Wort „Muggaseggele“ verwendet und kurz innehält, wenn er darauf angesprochen wird. „Dafür gibt es halt keine passende Alternative im Hochdeutschen“.
Aber wie ist Lars Fotograf geworden und wie kommt es, dass er ausgerechnet ein Fotostudio in Tettnang übernommen hat? „Zufall, Glück und ein bisschen Schicksal“ antwortet er auf diese Frage mit einem leichten Schulterzucken.
Nach dem Abitur und der Wehrpflicht, bei der er zum Fallschirmjäger ausgebildet wurde, musste er sich für einen Ausbildungsberuf entscheiden. Da gab es zwei Wünsche: Koch oder Fotograf. Fotografiert hat er schon als Kind mit Papas Kamera und auch gekocht hat er schon immer eher intuitiv. Er hat sich in für beide Berufe beworben. Allerdings war es schwierig, in der Heimat einen Ausbildungsplatz zu finden und so wurde der Aktionsradius ausgeweitet. „Als ich eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch zur Ausbildung als Werbefotograf in einem Studio bekommen habe, musste ich Unterankenreute erstmal auf der Landkarte suchen“ berichtet er. Nach dem Vorstellungsgespräch hat er dort das Angebot bekommen, ein dreimonatiges Praktikum zu absolvieren. „Der Anruf kam mittwochs und ich durfte montags starten“. Da hieß es, den Umzug über eine Distanz von 730 km und ohne das Internet, wie wir es heute kennen, schnell zu organisieren.
Lars hat sich in der Region schnell wohlgefühlt und doch hat es ihn nach abgeschlossener Ausbildung doch nochmal weggezogen. In der Region Stuttgart arbeitete er als Fotoassistent in einem Werbestudio, das viel für die dort ansässige Autoindustrie gearbeitet hat. Nach ungefähr 1,5 Jahren, in denen er viel gelernt hat, stand der nächste Karriereschritt an.
Diesen startete er wieder zurück in Oberschwaben, indem er sich als Fotoassistent selbständig gemacht. Schnell gehörte auch sein ehemaliger Ausbildungsbetrieb zu seinen Kunden. Es waren spannende Aufträge dabei: Fotoshootings in Dubai, Kuala Lumpur, mit Formel 1-Fahrern und Politikern. Auch nach Rumänien hat ihn ein Auftrag geführt.
Und doch gab es den Wunsch nach Veränderung, sozusagen einem Zielhafen. Da schickte ihm eine Freundin eine Werbeanzeige auf Facebook: Ein Fotostudio suche einen Nachfolger. Nach einigem Zögern nahm er Kontakt zur Besitzerin auf und dann ging es ganz schnell: Kaum hatte er den Laden betreten, stimmte das Bauchgefühl. „Plötzlich stand ich in meinem Laden, ich konnte es kaum glauben!“ verrät uns Lars. „Und fünf Minuten nach der Schlüsselübergabe stand auch schon der erste Kunde in der Tür.“ Tettnang hat ihn gut aufgenommen. Große Worte oder Selbstlob sind nicht sein Ding. Doch während des Gesprächs mit ihm kommt eine Kundin in den Laden. Sie will nur schnell Passfotos machen. Sie ist genervt; sie hatte vor dem Besuch auf dem Rathaus vergessen, neue Passbilder zu machen und wird jetzt gleich nochmal zurückmüssen. Doch Lars bleibt ruhig und freundlich. Entlockt ihr sogar ein kleines Lächeln für das Portrait, das er aktuell zu den Passbildern dazu schenkt. Als sie den Laden verlässt, wirkt sie entspannter. Uns geht’s ebenso.