Zu Gast bei… Janet Lührs – piccolina

Letztes Jahr im Mai, als die Tettnanger Gastronomen und Einzelhändler anlässlich der Oldtimerrallye ADAC Württemberg Historic den Historienmonat ausgerufen und gemeinsam ihre Schaufenster unter dem Motto „Historie trifft Moderne“ dekoriert hatten, verriet uns Janet Lührs eine tolle Geschichte: Ihr Großvater Otto Lührs, ein Ingenieur bei Opel, entwickelte und baute das weltweit erste Raketenmotorrad, das im Rahmen eines Motorradrennens im Jahr 1920 in der Rennarena Hamborn vorgeführt wurde.

Das ist natürlich auch ein super Gesprächseinstieg, als wir bei ihr zu Besuch sein dürfen. „Mein Großvater war ein Tüftler. Er war Ingenieur, hatte seine eigene kleine Automobilfirma und baute Autos und Motorräder. Der Bau der mit 14 Raketenantrieben ausgerüsteten Raketenmotorrädern war sein Hobby“ verrät uns Janet. „Davon abgesehen stamme ich aus einer Kaufmannsfamilie. Die Kaufleute können in unserem Stammbaum bis ins Jahr 1700 zurückverfolgt werden.“

 

Und in der Geschichte einer Kaufmannsfamilie bleiben wir jetzt auch noch einen Moment, während wir über Janets Kindheit sprechen. Diese verbrachte sie nämlich häufig im elterlichen Betrieb, der Firma hobbytime, die dem einen oder anderen Tettnanger bestimmt noch ein Begriff ist. „Schon als Kind habe ich immer mitgeholfen und auch schon früh Verantwortung übernommen“, erzählt Janet mit Begeisterung. Für sie hat sich nie die Frage gestellt, was sie einmal werden möchte: Kauffrau!

Im Gespräch mit Janet merkt man schnell, dass der Satz „selbst ist die Frau“ im Grunde für sie geschrieben wurde. Ob es darum geht einen verstopften Abfluss zu reinigen, Buchhaltung zu machen oder Blumen zu binden: Janet packt gerne an und was sie nicht kann, lernt sie kurzerhand.

Ihre im Jahr 1994 und 1996 geborenen Söhne gingen in einen der ersten Waldkindergarten, den es damals in Neuravensburg gab. Zu dieser Zeit war es allerdings noch ein großes Problem, hierfür die passende Kleidung und das passende Zubehör zu bekommen. Und wie wir es inzwischen wissen, sind Probleme für Janet schlichtweg eine willkommene Einladung um eine Lösung zu finden. Die fand sich dann auch schnell, indem sie mit Lieferanten in Kontakt trat und den Handel selbst aufzog. „Zu Beginn bin ich in der Region von Restaurant zu Restaurant gefahren und habe dort die Sachen in Sonderverkäufen angeboten. Unter anderem war ich auch im damaligen Arco Azzurro in Tettnang“ erzählt sie. Doch der Bedarf wurde schnell größer und so entschied Janet, ein Ladengeschäft in Neuravensburg anzumieten. Nach einiger Zeit hat der dort ansässige Blumenladen geschlossen. Manchmal hilft bei Lösungen aber auch der Zufall, denn eine Angestellte von Janet war ausgebildete Floristin und so entschieden die beiden gemeinsam, am Valentinstag neben Kinderkleidung und Dekoartikeln auch frische Blumen anzubieten. Die Verkaufsaktion war ein so großer Erfolg, dass Janets Laden in Folge auch zu einem Blumenladen wurde. „So mache ich das bis heute. Im Grunde entscheiden meine Kunden über alle neuen Produkte, die ich ins Sortiment aufnehme“ verrät Janet, „wenn ich mehrfach auf einen Artikel angesprochen werde, mache ich mich schlau. Wenn möglich, biete ich auch sehr gerne regionale Produkte an. So gibt es bei mir Geschenkartikel aus der Bodenseeregion, aus dem Tettnanger Hopfengut und auch Holzspielzeug aus der Werkstatt in der Diakonie Pfingstweid.“

Irgendwann wurden die Räumlichkeiten in Neuravensburg zu klein und Janet überlegte, einen zweiten Laden zu eröffnen. Sie lacht, während sie das erzählt: „Als ich den Laden in der Montfortstraße gefunden hatte, wurde das Haus in Neuravensburg verkauft, in dem mein Laden war. Das hat zeitlich alles prima gepasst“.

Es steckt viel Arbeit und Liebe im piccolina, das Janet auch als ihr Hobby bezeichnet. „Manchmal wenn alles viel ist, gehe ich abends nach Ladenschluss noch eine Runde durch den Laden. Sobald ich einmal durch bin, ist auch wieder alles gut“ sagt sie und kann dies auch bestens in Verbindung zu ihrer Meinung bezüglich der Zukunft des Einzelhandels bringen: „Der Einzelhandel wird nicht verschwinden. Die Menschen suchen auch Orte der sozialen Interaktion. Mir ist es wichtig, dass sich die Kunden wohl fühlen, auch wenn sie gerade nichts kaufen. An einen schönen Ort kommt man auch wieder zurück.“

Und während des Corona-Lockdowns? Da hat Janet sich kurzerhand ihrer Wurzeln besonnen und ein weiteres Standbein aufgebaut. Mit „piccolina creativa“ hat sie einen Versandhandel für Hobbyprodukte mit angeschlossener Produktion gegründet und sich inzwischen im Markt etabliert. „Das Geschäft läuft hier inzwischen sehr gut und ich denke über eine Erweiterung nach“ erklärt sie. Auch das wird bestimmt gut laufen.